17.12.2017 Letzter Abschnitt
0° Greenwich-Meridian.
Wir starten ab Jersey, morgens um 03:00 Uhr. Die Flut fängt langsam wieder an, was uns für die Weiterfahrt an Cherbourg vorbei, in den Ärmelkanal begünstigt. Strömung anfangs 2,0 kn, später 4,5 kn mit uns. Es ist erstaunlich, wenn man sich bewusst wird, dass der Ärmelkanal an seinen tiefsten Stellen nur 50 Meter hat und sonst nur etwa 30-40 Meter. Schon zum zweiten Mal auf dieser langen Überführung, durchfahren wir den 0°-Meridian der als Basis für die Zeitzonen gilt. Dieses Mal verpassen wir es nicht und feiern das kurz mit einem Grog.
Wir gliedern uns, zwischen Le Havre in Nordfrankreich und Brigthon im Süden von England, in die vorgegebene Fahrstrasse für die Schifffahrt ein. Diese sogenannten Verkehrstrennungsgebiete sind wie Autobahnen, welche der Berufsschifffahrt eine eindeutige Fahrrichtung vorgibt und in der Benutzung bestimmten Vorschriften unterliegt. Es gilt zum Beispiel Rechtsverkehr, Fahrt nur in die eine Richtung, und kreuzen durch diese Fahrstrassen ist auch nur in vorgegebener Weise zu vollführen. Die Fischer wiederum sehen das nicht so eng. Am morgen früh hat uns ein Fischerboot im wild aufgewühlten Meer, am Rand der Fahrstrasse ein paar Mal umrundet und immer wieder mit einem Scheinwerfer das Meer abgesucht. Als wir mit ihm Funkkontakt aufgenommen hatten und nachfragten was los sei, meldete er nur dass er seine verloren gegangene Fischerboje suche. Und ob wir seine blau-weisse Boje gesehen hätten. Da es stockfinster war, mussten wir ihn leider enttäuschen und hofften gleichzeitig, dass diese doofe Boje nicht in unsere Nähe kommt. Sicherheitshalber nahm ich die Fahrt aus dem Bakbordmotor, dass die Schraube nicht mehr drehte, für den unglücklichsten Fall, doch mit der Boje und deren Leinen in die Quere zu kommen. Mit unserer Steuerbordschraube machten wir noch langsame Fahrt, aber noch genug um vorwärts zu kommen. Der Fischer schwirrte noch einige Mal um uns, wie die Fliege um die Sch….. schöne Parana III, bis wir mit Schrecken feststellen mussten, dass wir die Boje direkt zwischen unseren beiden Rümpfen überfahren hatten. Wir haben das erst gesehen, als der Fischer mit seinem starken Scheinwerfer die Boje hinter uns anleuchtete, welche aber ganz genau in der Mitte unter uns durch glitt und zum Glück nirgends bei uns angekommen ist. Nochmals alles gut gegangen. Bakbordmotor nimmt wieder seine ursprüngliche Fahrt auf und der Fischer machte sich wieder davon. Dieses Ereignis in Mitten der Fahrstrasse ist vergleichbar, wie wenn jemand auf der Autobahn seine Ladung verliert und dann auf der Strasse herumfahrt um seine Ladung wieder zu suchen. Die ganze Fahrt durch den Ärmelkanal hielt uns komplett auf Trab. Immer wieder unzählige Frachter, welche im Dunkeln auftauchten und uns überholt hatten. Dank der modernen Technik von AIS (Automatisches Identifizierungs System) und Radar, war das ganze bei Nacht sehr gut zu machen. Die Distanzen jedoch sind von blossem Auge nur sehr schwer abzuschätzen.